Ohne große Beachtung der Öffentlichkeit müssen seit dem 17. Januar 2022 [künftig] „gewerblich, beruflich oder dienstlich geführte Fahrzeuge“ mit einer Länge von weniger als 20 Metern mindestens mit einem Kleinschifferzeugnis geführt werden.
Diese Änderung betrifft unter anderem Sportbootschulen im praktischen Ausbildungsbetrieb, Wasserbau- und Vermessungsbetriebe, Werften, Bootshändler bei einer Vorführfahrt oder Wassersportredakteure und Bootstester. Immer dann, wenn ein Fahrzeug nicht „zu Sport oder Erholungszwecken“ bewegt wird, reicht der Sportbootführerschein als Befähigungsnachweis nicht mehr aus.
Diese Regelung gilt auf Binnenschifffahrtsstraße (Zone 3 und 4) und auf Seeschifffahrtsstraßen bis „zur Flussmündung“ (Zone 1 und 2). Ausgenommen von dieser Regelung sind wind- oder muskelbetrieben Fahrzeugen oder Booten mit einer Motorleistung von weniger als 11,03 kW (15 PS) sowie Inhaber eines amtlichen Berechtigungsscheines nach § 13 der BinSchPersV.
Übergangsreglung
Sofern die gewerbliche Tätigkeit schon vor dem 17.01.2022 ausgeübt wurde, gilt eine Übergangsreglung zur Ausstellung ohne Prüfung bis zum 18. Januar 2024. Bis zu diesem Datum darf auch weiterhin gewerblich mit den Sportbootführerscheinen gefahren werden.
Für den Antrag auf Ausstellung des Kleinschifferzeugnis (es handelt sich hier nicht um einen Umtausch, denn die Sportbootführerscheine darf der Bewerber behalten) ist ein Nachweis erforderlich, dass die gewerbliche Tätigkeit schon vor dem 17. Januar 2022 ausgeübt wurde. Hier reicht ein Gewerbeschein oder eine Bestätigung des Arbeitgebers.
Sofern das 60. Lebensjahr vollendet wurde, ist dem Antrag ein medizinisches Tauglichkeitszeugnis nach der Anlage 5 der Binnenschiffspersonalverordnung beizulegen. Das gerade erst umbenannte ärztliche Attest aus der Sportbootführerscheinverordnung wird hier nicht anerkannt. Arbeitgebern wird empfohlen, sich bezüglich der Kostenübernahme an den arbeitsmedizinischen Dienst zu wenden.
Von Zeitpunkt der Beantragung bis zu Ausstellung sollte man drei Monate einplanen. Es ist nach jetzigem Stand mit Kosten zwischen 86,- und 140,- € [von 129,- €] zu rechnen.
Am 14. April wurden dem Druck der Öffentlichkeit nachgegeben und vorerst Folgendes geregelt:
Das Kleinschifferzeugnis wird für gewerbliche Fahrten ab dem 18. Januar 2027 benötigt. Eine vorherige Gewerbetätigkeit muss nicht nachgewiesen werden.
Wir erwarten bis dahin doch weitere Änderungen und empfehlen, mit der Beantragung noch zu warten.
Prüfung zum Kleinschifferzeugnis
Ab dem 18. Januar 2024 [18. Januar 2027] oder wenn die gewerbliche Tätigkeit erst nach dem 17.01.2022 aufgenommen wurde, muss eine theoretische Prüfung für das Kleinschifferzeugnis abgelegt werden.
- Die Prüfung ist eine Multiple-Choice-Prüfung mit folgenden Prüfungsteilen: Navigation und Verkehrsvorschriften, Betrieb des Fahrzeugs, Wartung und Instandhaltung und Gesundheit, Sicherheit und Umweltschutz
- Die Prüfung dauert 120 Minuten und beinhaltet 120 Fragen (nach jetzigem Stand).
- Dem Antrag zur Prüfung ist eine medizinische Tauglichkeitsprüfung nach Anlage 5 der BinSchPersV beizubringen, die nach jetzigem Stand ab dem 60 Lebensjahr alle 5 Jahre und ab dem 70 Lebensjahr alle 2 Jahre erneut vorgelegt werden muss.
Für Punkte, die bisher nicht eindeutig sind, soll eine Änderung der BinSchPersV Klarheit bringen, die für April 2023 erwartet wird.
Quelle
Auf ELWIS ist eine Zusammenfassung zum Kleinschifferzeugnis veröffentlicht worden.
In der BinSchPersV ist an folgender Stelle geregelt:
- § 39: Erwerb des Schifferzeugnisses
- § 40 (Absatz 5): Prüfung des Kleinschifferzeugnisses
- § 130: Übergangsbestimmungen
- § 12 (Absatz 1): Ausnahme (Fahrzeuge unter 15 PS)
§13: Ausnahme (Amtlicher Berechtigungsschein)
Nachtrag
Aktualisiert im April 2023
Wenn ich das richtig lese kann ich ja meinen SBF dann bis 2024 noch in ein Kleinschifferzeugnis umtauschen.
Allerdings macht mich der Begriff “umtauschen” dabei sehr stutzig, denn im Kleinschifferzeugnis ist ja z.B. ein Fahrtgebiet eingetragen. Habe ich dann nur noch einen Führerschein für dieses Gebiet und KEINEN Sportbootführerschein mehr, der ja überall gilt?
Und wie ist das z.B. im Ausland? Ich bin da sehr skeptisch ob die diesen Führerschein überhaupt kennen, bzw. anerkennen!?
Auch wenn auf dem Antrag „Umtausch in ein Kleinschifferzeugnis“ die Rede ist, handelt sich um einen Antrag auf Ausstellung des Kleinschifferzeugnisses. Der Sportbootführerschein wird nicht eingezogen und behält seine Gültigkeit.
Allerdings steht auf dem Antrag auch, dass man den Sportbootführerschein mit einschicken muss. Bekommt man den dann wieder zurück? Hat das schon mal jemand gemacht?
Es reicht aus, eine Kopie des/ der Sportbootführerschein/e einzureichen. Die Behörde hat Zugriff auf das Zentralregister. Sollte es seitens der Behörde Klärungsbedarf geben, werden die sich nach Antragstellung melden.
Hallo Mathias, tolle Info. Wo kann ich diesen Antrag stellen?
LG Stevy
Der Antrag ist auf der ELWIS-Seite (im Artikel verlinkt) zu finden. Der Antrag wird direkt an die GDWS in Bonn gestellt.
Moin,
was sich mir nicht erschließt und auch aus den Informationen bei elwis nicht hervorgeht ist die Bedeutung des Wortes „mindestens“:
Zitat von oben: „gewerblich, beruflich oder dienstlich geführte Fahrzeuge“ mit einer Länge von weniger als 20 Metern mindestens mit einem Kleinschifferzeugnis geführt werden.“
Hat man einen Sportseeschifferschein, welcher grundsätzlich ja zur gewerblichen Nutzung berechtigt, so könnte man dem Gedanken unterliegen, dass sich der Kleinschifferschein erübrigt. Allerdings, der SSS gilt nur auf See bzw. Seeschiffahrtsstraßen. Ist man also Binnen gewerblich tätig, dann müsste man vermutlich doch wieder in den Kleinschifferschein umschreiben lassen….
Fragen über Fragen 😱
Grundsätzlich gilt: Der höherwertige Schein steht über dem einfacheren Schien. Auf Seeschifffahrtsstraßen (Zone 1 und 2) würde der SKS, SSS oder SHS das Kleinschifferzeugnis ersetzten. Im Binnenbereich (Zone 3 und 4) wäre das z.B. das Unionspatent.